Der Umschlag der deutschen Seehäfen wird laut einer vom Bundesverkehrsministerium (BMVBS) in Auftrag gegebenen Studie um jährlich 2,8 Prozent wachsen, insgesamt um 74 Prozent. Das ist die zentrale Aussage der so genannten „Seeverkehrsprognose 2030“ – mit vielen abenteuerlichen Vorhersagen.
Das Gutachten gehört zu den Vorarbeiten für die für 2015 geplante Neuauflage des Bundesverkehrswegeplans (BVWP), seine Ergebnisse sollen also unmittelbar in dessen Entwurf einfließen. Da kann es nicht verwundern, dass sich die im BMVBS residierende starke Lobby für hemmungslosen Infrastrukturausbau eine Prognose erstellen lässt, die den Seehäfen fulminante Wachstumsraten vorhersagt – und somit den Ruf nach neuen und steigenden Investitionen impliziert. Laut Pressemitteilung des BMVBS, gestern vorgestellt von Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU), soll das Gesamtumschlagsvolumen aller deutschen Häfen (Nord- und Ostsee) von 269 Millionen Tonnen in 2010 auf 468 Millionen Tonnen in 2030 zunehmen. Die bislang veröffentlichten Angaben enthüllen indes nicht, wie die Gutachter zu diesen Erkenntnissen gekommen sind.
Besonders erfreulich, heißt es weiter, sehe die Zukunft für Hamburg und Bremerhaven aus, beide würden bis 2030 mit jeweils 3,2 beziehungsweise 3,3 Prozent pro Jahr überdurchschnittlich wachsen – was interessiert es schon, dass beide Häfen von 2011 auf 2012 deutlich geringere Zuwächse hatten als im Vorjahrszeitraum 2010 auf 2011?
Was die Prognose wirklich taugt, zeigt auch der Abschnitt über den Wilhelmshavener JadeWeserPort (JWP): Ferlemann weiß nämlich auch, dass der neue Tiefwasserhafen „einen relativ großen Anteil des Wachstums an Containerverkehren aufnehmen und in 2030 rund 3,4 Millionen TEU umschlagen“ werde – pro Jahr, versteht sich. Angesichts der bisherigen Bilanz von weniger als 100.000 TEU im ersten Betriebsjahr ist das, höflich formuliert, eine kühne Behauptung…
Interessant ist schließlich noch der Blick der Gutachter auf die deutschen Nordseehäfen: Deren Umschlagsvolumen soll nämlich von 216 Millionen Tonnen in 2010 auf 389 Millionen Tonnen in 2030 anwachsen: „Dabei wachsen die Umschläge in den deutschen Nordseehäfen … deutlich kräftiger als die … der Nordseehäfen Belgiens, der Niederlande und Frankreichs“ – die Nachbarn werden‘s mit Interesse lesen…
Mehr siehe hier: BMVBS-Pressemitteilung und Eckwerte der Prognose (PDF)