Der Verband Deutscher Reeder (VDR) hat seit Beginn des Jahres 2015 einen neuen Präsidenten, der rund 86 Prozent seiner Flotte unter Billigflagge fahren lässt und damit auf Kosten der Seeleute viel Geld einspart.
Alfred Hartmann aus dem ostfriesischen Leer ist der Nachfolger des Hapag-Lloyd-Vorstandsvorsitzenden Michael Behrendt, der den VDR seit 2008 geführt hatte. Mit Hartmann leistet sich der VDR einen herausragenden Kopf, der wie kaum ein anderer befähigt ist, die Verbandsinteressen gegenüber Politik und Gesellschaft durchzusetzen: Denn nach eigenen Angaben verfügt die Reederei über eine Flotte von 66 Schiffen – 35 Gastanker, 22 Containerschiffe, 3 Mehrzweck- und 6 BulkFrachter –, von denen ganze zwei Gastanker unter deutscher Flagge fahren.
Zusammen mit sechs Tankern unter Singapur-Flagge und einem mit der Trikolore am Heck fahren somit lediglich neun Schiffe des neuen VDR-Chefs nicht unter Billigflagge: Ein Bulker führt das Gibraltar-Tuch und alle 56 übrigen die nach Angaben der Seeleute-Gewerkschaft ITF besonders berüchtigte Billigflagge Liberias.
„Die deutsche Flagge ist eine sehr gute Flagge, die im Ausland eine außerordentlich hohe Reputation genießt“, sagte Hartmann bei Amtsantritt im Interview mit der VDR-Zeitschrift „Deutsche Seeschifffahrt“. Aber um sie im „europäischen Vergleich konkurrenzfähig zu machen“, müsse die Bundesregierung den von der EU gesetzten Rahmen ausnutzen und die Branche unter anderem von nationalen Vorschriften entlasten: Was nichts anderes bedeutet, als weiter Lohnkosten und Sozialabgaben für Seeleute zu senken beziehungsweise einzusparen bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Besteuerungsvorteilen.