Im Zweifel wegschauen?

Die Ree­de­rei Hapag-Lloyd ist in die Kri­tik gera­ten – wegen eines inter­nen Rund­schrei­bens an die Kapi­tä­ne ihrer knapp 200 Con­tai­ner­schif­fe, wonach die­se nicht wegen jedes Flücht­lings­boots auf dem Mit­tel­meer den Kurs ändern oder die Fahrt unter­bre­chen und nicht jeden Insas­sen vor­sorg­lich ber­gen sollten.

Laut einem exklu­si­ven Bericht der Tages­zei­tung „jun­ge Welt“ (jW) ist die ver­klau­su­lier­te Auf­for­de­rung, nicht so genau hin­zu­schau­en, in einem zwei­sei­ti­gen „Fleet Cir­cu­lar“ ent­hal­ten, das mit der Unter­schrift von Hapag-Lloyds Flot­ten­chef Richard von Ber­lepsch mit Datum vom 10. Novem­ber 2014 an die Kapi­tä­ne gefunkt wur­de. Ange­sichts der Unru­hen in Nord­afri­ka müs­se mit einer erhöh­ten Zahl von Flücht­lin­gen gerech­net wer­den, heißt es in dem Papier. Dabei wer­de beob­ach­tet, dass deren Boo­te die Haupt­schif­fahrts­li­ni­en ansteuerten.

Für Ber­lepsch ist das zwar Anlass, die Kapi­tä­ne aus­gie­big auf ihre Ver­pflich­tung zur Hil­fe­leis­tung hin­zu­wei­sen – dies sei sowohl see­män­ni­sche Tra­di­ti­on als auch kla­re Vor­schrift der UN‑Seerechtskonvention (Arti­kel 98); die Ree­de­rei sei stolz, die­se Tra­di­ti­on zu ken­nen und zu pfle­gen. Das nach­fol­gen­de „Aber“ indes hat es in sich:

In Zei­ten von Pira­te­rie, Epi­de­mien in Afri­ka und zuneh­men­den wei­te­ren Her­aus­for­de­run­gen sei es von größ­ter Bedeu­tung, die so genann­te „Not-Situation“ aus gebüh­ren­dem Abstand und mit größt­mög­li­cher Vor­sicht abzu­wä­gen. Nur weil bei­spiels­wei­se ein Boot klein sei, müs­se es sich nicht zwangs­läu­fig auch in Not befin­den, schreibt Ber­lepsch den Schiffs­füh­run­gen ins Stamm­buch. Solan­ge Boo­te oder ihre Insas­sen nicht offen­sicht­li­che Not­si­gna­le oder auf Not hin­wei­sen­de Ver­hal­tens­wei­sen zeig­ten, sei­en Kapi­tä­ne nicht ver­pflich­tet, sich vom Wohl­erge­hen der Insas­sen oder ihrer Fahr­zeu­ge zu über­zeu­gen. Wor­aus Ber­lepsch die Emp­feh­lung ablei­tet, aus Sicher­heits­grün­den auf Distanz zu blei­ben und bei Zwei­feln, ob und wie zu hel­fen ist, zunächst ihn zu kontaktieren.

Den Ver­dacht, dass dies Ver­zö­ge­run­gen mit lebens­be­droh­li­chen Fol­gen bedeu­ten kön­ne, wies Hapag-Lloyd-Sprecher Nils Haupt laut „jW“ auf Anfra­ge kate­go­risch zurück: Der Flot­ten­chef sei „24 Stun­den am Tag und 365 Tage im Jahr erreich­bar“, somit könn­ten „umge­hend“ Ent­schei­dun­gen getrof­fen wer­den, Zeit­ver­lus­te sei­en „inso­fern auszuschließen“.

Hei­ke Pro­s­ke, Gene­ral­se­kre­tä­rin der Deut­schen See­manns­mis­si­on, äußer­te in der „jW“ die Befürch­tung, ein Schrei­ben wie das von Hapag-Lloyd kön­ne See­leu­te in inne­re Kon­flik­te stür­zen: „Der ver­ant­wort­li­che See­mann an Bord wird unter Druck gesetzt“.

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WATERKANT-Redaktion