Russland hat seinen bereits 2002 formulierten Anspruch auf wesentliche Teile der arktischen Gewässer mit einer detaillierten Begründung erneuert. Es geht – für den Fall weiterer Eisschmelze und damit einhergehend steigender Passierbarkeit – sowohl um gigantische Öl- und Gasvorräte als auch um Schifffahrts-Kontrolle.
Bekanntlich sieht das UN-Seerechtsübereinkommen (UNCLOS) vor, dass Küstenstaaten eine Ausweitung der ihnen zustehenden Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von 200 Seemeilen auf bis zu 350 Seemeilen beantragen können, wenn dieses Erweiterungsgebiet „ihrem“ Festlandsockel zuzurechnen ist; das allerdings muss gegenüber der zuständigen UNCLOS-Behörde mit entsprechenden wissenschaftlichen Daten belegt werden. Vor rund 14 Jahren bereits hat Russland seinen Anspruch auf rund 1,2 Millionen Quadratkilometer arktischen Gebiets einschließlich des Nordpols angemeldet; auf Grund von Protesten unter anderem Japans und der USA verlangte die Behörde daraufhin geologische Beweisdaten – und eben die hat Moskau jetzt nachgereicht.
Nach einem Bericht des Magazins „stern“ geht es zum einen um geschätzte elf Milliarden Tonnen Öl und Gas, dazu große Mengen an Gold und Diamanten: „Sowohl die Klimaerwärmung, die das Eis schmelzen lässt, als auch immer bessere Fördertechniken machen die Gewinnung der entlegenen Rohstoffe unter dem Wasser realistischer.“ Hinzu komme die durch anhaltende Eisschmelze erwartete Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen: Moskau wolle die Nordmeer-Passage als See-Handelsweg zwischen Europa und Asien kontrollieren – rund 7000 Kilometer kürzer als der Weg durch Mittelmeer und Suezkanal.
Russland stützt laut „stern“ seinen Anspruch auf den so genannten Lomonossow-Rücken, den Moskau als natürliche und geologisch identische Fortsetzung von Sibirien ansehe. Allerdings liege dieser 1800 Kilometer lange und bis zu 3700 Meter hohe Unterwassergebirgszug näher am dänisch regierten Grönland und an Kanadas Ellesmere-Insel als am russischen Festland. Dänemark habe deshalb bereits protestiert und seinerseits 895.541 Quadratkilometer arktischen Gebiets einschließlich Nordpol beansprucht. Eine Entscheidung der UNCLOS-Behörde könne „Jahre dauern“.
Mehr siehe hier: http://kurzlink.de/stern_arktis_090815