Ein „neuer strategischer Leitfaden … für die nächsten zehn Jahre“ soll es sein, das soeben vom Bundeskabinett beschlossene „Nationale Hafenkonzept 2015“. Aber der hohe Anspruch löst sich bei näherem Hinschauen schnell in heiße Luft auf, denn die teure und sinnlose Standortkonkurrenz wird wieder nicht angetastet.
Warum das neue Konzept (in Fortschreibung der Vorversion, die nur sechs Jahre „gehalten“ hat, aber dennoch als „voller Erfolg“ verkauft wird) unabdingbar sein soll, wird gleich in der Einleitung unmissverständlich erklärt: Die deutschen See- und Binnenhäfen stünden „vor neuen Herausforderungen“, dazu zählten unter anderem „hoher Instandhaltungs- und Ausbaubedarf der Verkehrs- und Hafeninfrastrukturen sowie neue Anforderungen an die Suprastrukturen“. Ach, nee !?! Die Bürgerinnen und Bürger sollen also eingestimmt werden, dass weiterhin Milliarden Euro Steuergelder an Meeren, Küsten und Flussufern verbetoniert werden, um legal Steuern „hinterziehenden“ Reedern ihre Profite und lokalen Politikern ihr maritimes Image zu sichern?
Es ist unbestritten, dass die öffentlichen Investitionen in Infra- und -Suprastruktur der Häfen und Wasserstraßen weitaus höher liegen als die staatlichen Einnahmen aus Nutzungsgebühren oder Pacht. Mehr noch: Schifffahrt diene dem Allgemeinwohl, wird immer wieder betont, also müsse die Allgemeinheit auch für die Rahmenbedingungen aufkommen. Aber ungeachtet des Missverhältnisses zwischen Kosten und Einnahmen ist leider auch festzustellen, dass sich das neue Hafenkonzept in wesentlichen Teilen auf überholte Prognosen stützt: So werden quasi zwangsläufig Infrastruktur-Investitionen gefordert und angekündigt, von denen klar ist, dass sie sich nicht rechnen werden – für die Allgemeinheit.
Zugleich mündet das Prinzip „wir erfüllen jedem Hafen seine spezifischen Wünsche“ in eine Fortschreibung der eingangs erwähnten Standortkonkurrenz. Statt strategischer Kooperation verschiedener Häfen – wie sie sogar das umstrittene „Port Package III“ der EU-Kommission andeutet – wird deren gegenseitige Konkurrenz subventioniert; die ökologisch fatale Anpassung von Flüssen und Küsten an die Bedürfnisse von Schifffahrt und Logistik ist nur eine der Folgen.
UPDATE 30. 1. 2016: Das Fachblatt „Täglicher Hafenbericht“ (THB) fragte seine Leser nach Veröffentlichung des Papiers: „Sorgt das Nationale Hafenkonzept für eine engere Zusammenarbeit der maritimen Standorte?“ Das Umfrageergebnis könnte bezeichnender nicht sein: „Ja: 20,3 Prozent; Nein: 32,1 Prozent; Keine Meinung: 47,6 Prozent“. – Offensichtlich hält auch die Branche die Haltbarkeit des neuen strategischen Leitfadens für eher begrenzt.
Mehr siehe hier: „Nationales Hafenkonzept“ (Download)