„Das Blaue Wachstum ist hier – und es will bleiben.“ Mit derart schwülstigen Parolen ist heute im finnischen Turku der 9. „European Maritime Day“ (EMD), die jährlich von der EU‑Kommission veranstaltete Jubelkonferenz „nachhaltiger“ Meeresausbeutung, zu Ende gegangen.
In ganz Europa, so der zuständige Kommissar Karmenu Vella, gebe es heute Zigtausende, die hart daran arbeiteten, Innovation zu fördern und Grenzen zu überschreiten. Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit stünden nicht gegeneinander, so Vella, sondern gingen Hand in Hand.
Eine tolle Metapher, die zur Satire einlädt: Von einer Gleichberechtigung beider war nicht die Rede – wenn also eine wie immer geartete „Nachhaltigkeit“ eine Grenze aufzeigt, kommt das Wachstum daher, sie innovativ zu überschreiten. Oder?
Bernard Meyer, Chef des gleichnamigen Werftkonzerns (Luxemburg / Papenburg / Turku) hat das mal eben gerade gerückt: „Der Ozean ist unser Markt.“ Na, bitte. Vella assistierte und stellte klar, es käme jetzt darauf an, die nächste Ebene anzupeilen und das „blaue Wachstum“ systematischer zu fördern. Die aktuellen Debatten um eine globale „ocean governance“ wurden in Turku auch gleich instrumentalisiert: Nicht vier Jahrhunderte altes Seerecht sei entscheidend für diese „governance“, sondern das „Zusammenspiel“ von „Regierungen, Recht, Institutionen, der Zivilgesellschaft und der Industrie“.
Pardon: Erstens scheint es bei der EU einigen entgangen zu sein, dass UNCLOS längst die alten Normen abgelöst hat und völkerrechtlich gültig ist. Zweitens: Kommt nicht in einer demokratischen Struktur der Gewaltenteilung dem Rechtssystem eine besondere Rolle zu?
Die maritime Wirtschaft hält sich mit solchen Feinheiten nicht auf: Kreuzfahrttourismus und Meeresenergie, Schifffahrt, maritime Raumordnung und Mehrfachnutzung des Raumes – das und anderes waren Themen der rund 20 Workshops in Turku. Gesucht sind Industriepartner und Kapitalgeber, die neuen blauen Wachstumsaktivitäten Schub geben für „globale Umweltgewinne“. Selbstverständlich gehört dazu, dass die Politik ihre Verantwortung wahrnimmt, Risikogarantien auszubauen und Bürokratie abzubauen. Wichtig sei es, dass alle Investitionen in Innovation und Infrastruktur Rendite bringen; eine Vorhersage, was wie viele künftige Arbeitsplätze bringt, sei schwierig, daher komme es darauf an, auch ins Unbekannte zu investieren. Natürlich, siehe oben, mit staatlicher Risikogarantie aus Steuergeldern…
Quelle: Pressemitteilung EU-Kommission / Maritime Affairs vom 24. Mai 2016