Die Internationale Transportarbeiter Föderation (ITF) hat heute eine weitere Aktionswoche zur Kontrolle der Arbeitsbedingungen auf Schiffen in deutschen Nord- und Ostseehäfen gestartet, damit „diejenigen, die von der Globalisierung zuerst betroffen waren, … auch im Dunkel der Schiffsbäuche wahrgenommen werden“.
Bis zum kommenden Freitag werden ITF-Trupps in ausgewählten Häfen – Bremerhaven und Bremen, Hamburg, Rostock und Wismar – Handelsschiffe „auf die Einhaltung der Tarifverträge an Bord kontrollieren“, heißt es in einer Mitteilung der deutschen ITF-Mitgliedsorganisation, der Gewerkschaft ver.di. Schon seit 1948 wird diese weltweit einmalige Aktionsform praktiziert – gewerkschaftlich organisierte Hafenarbeiter und Seeleute gehen an Bord, schauen auf Arbeits- und Lebensbedingungen der Besatzungen, checken deren Einkommensverhältnisse; und dann kann es schon mal passieren, dass einzelne Schiffe, auf denen erhebliche Missstände festgestellt werden, vorübergehend nicht oder nur seeehr langsam abgefertigt werden. Bei Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen greift auch die Hafenstaatkontrolle und ein Schiff wird behördlich festgehalten.
Die Aktionswoche richtet sich selbstverständlich vor allem gegen Handelsschiffe unter Billigflagge – allein in der Handelsflotte deutscher Reeder sind noch immer knapp 94 Prozent der Schiffe entweder ausgeflaggt oder im so genannten deutschen „Zweitregister“ gemeldet, das laut ITF ebenfalls als Billigflagge eingestuft ist. Weltweit konnten nach ITF-Angaben bislang rund 11.000 Tarifverträge durchgesetzt werden, um die Arbeits- und Entgeltbedingungen der Seeleute an Bord solcher Schiffe zu regeln und zu verbessern: „Die deutsche ITF-Mitgliedsgewerkschaft ver.di hat mehr als 1900 Tarifverträge mit deutschen Reedern abgeschlossen, die Schiffe unter Billigflagge fahren.“
Gerade im vergangenen Monat, nennt Kampagnen-Leiter Klaus Schroeter von der ver.di-Fachgruppe Schifffahrt ein Beispiel, seien auf einem einzigen Schiff Heuernachzahlungen in Höhe von 278.201 US-Dollar für die Seeleute erstritten worden. Aktionswochen und dadurch erzielte Tarifverträge hätten die Bedingungen zwar verbessert, es gebe aber noch viel zun tun.
Update 9. September 2016:
Zum Abschluss der Aktionswoche meldete die ITF, in deutschen Häfen seien 42 Schiffe kontrolliert worden. Der Schwerpunkt habe dabei auf der Kontrolle der Containerbe- und Entladung (=Laschen) auf so genannten Feederschiffen gelegen. „Alle Schiffe, die wir kontrolliert haben, haben Tarifverträge mit der ITF, die das Laschen durch die Seeleute ganz klar verbieten“, berichtete Schroeter. Solche Regelungen sollen die Sicherheit erhöhen, indem ausgebildete Fachleute die Arbeit machen statt hierfür gar nicht qualifizierte Seeleute, die ohnehin stark belastet seien.
„Leider ist das Kontrollergebnis zum Teil bestürzend gewesen“, so der ITF-Vertreter weiter: Bei insgesamt vier Schiffen sei die Beladung aus Sicherheitsgründen eingestellt worden, so dass sie mehrstündige Verspätungen in Kauf nehmen mussten. Der Charterer dieser Schiffe, Unifeeder, habe Gespräche über grundsätzliche Lösungen „rundheraus abgelehnt“, berichtet Klaus Schroeter: „Wir werden genau beobachten, ob der Charterer aus den Verspätungen gelernt hat, und … wenn nicht, werden wir dafür sorgen, dass die bestehenden Schutzvorschriften mit Hilfe der Hafenarbeiter eingehalten werden.“
Mehr siehe hier: Webseite der ITF-ver.di-Billigflaggenkampagne