Scharfe Kritik am Reederverband

Die Bre­mer Tank­schiff­fahrts­ree­de­rei „Ger­man Tan­ker Ship­ping“ (GTS) hat heu­te bekannt
gege­ben, sie habe Ende 2016 ihren Aus­tritt aus dem Ver­band Deut­scher Ree­der (VDR) erklärt. In der Begrün­dung kri­ti­siert GTS scharf, im VDR sei „ein gemein­sa­mes Inter­es­se“ an der „Beschäf­ti­gung und Aus­bil­dung von deut­schen See­leu­ten ver­lo­ren gegan­gen“: Ein Signal, das star­ke Beach­tung verdient! 

Die Ree­de­rei GTS, im Früh­jahr 2011 von der „Berufs­bil­dungs­stel­le See­schiff­fahrt“ (BBS) als „exzel­len­ter Aus­bil­dungs­be­trieb“ aus­ge­zeich­net, betreibt der­zeit 20 Tank­schif­fe, von denen 13 unter deut­scher Flag­ge lau­fen. Zwar sind die­se Schif­fe, knapp zwei Drit­tel der Gesamt­ton­na­ge von GTS, im ISR regis­triert (die­ses deut­sche Zweit­re­gis­ter gilt laut ITF eben­falls als „Bil­lig­flag­ge“!); aber GTS bil­det auch heu­te aktiv see­män­ni­schen Nach­wuchs aus und Reederei-Geschäftsführer Frank Jung­mann hat schon wie­der­holt öffent­lich und teil­wei­se lei­den­schaft­lich mehr Enga­ge­ment sei­ner Bran­che zuguns­ten des Nach­wuch­ses gefor­dert, so auch jetzt in sei­ner Erklä­rung zum VDR-Austritt.

Zwar behaup­tet der VDR selbst auf sei­ner Web­sei­te nach­drück­lich, deut­sche Ree­der hät­ten „in den letz­ten Jah­ren vie­le neue Arbeits­plät­ze geschaf­fen“. Tat­säch­lich sind bei der „Berufs­bil­dungs­stel­le See­schiff­fahrt“ (BBS) neben Ger­man Tan­ker Ship­ping (GTS) nur knapp 40 Schiff­fahrts­un­ter­neh­men als Aus­bil­dungs­be­trieb für Schiffs­me­cha­ni­ker gelis­tet – weni­ger als 25 Pro­zent der ordent­li­chen VDR-Mitglieder! Nach jüngs­ten Zah­len der BBS waren Ende 2015 unter 468 Schiffsmechaniker-Auszubildenden nur 156 neue Ver­trä­ge, ins­ge­samt sei die Zahl um vier Pro­zent gesun­ken, hieß es.

Die dua­le Aus­bil­dung zum Schiffs­me­cha­ni­ker dau­ert drei Jah­re, der abschlie­ßen­de Schiffs­me­cha­ni­ker­brief ist eine Vor­aus­set­zung für die wei­te­re Qua­li­fi­ka­ti­on zur nau­ti­schen oder tech­ni­schen Schiffs­füh­rung an einer Fach- oder Fach­hoch­schu­le. Grund­sätz­lich hat zwar die Aus­bil­dung auf Schif­fen unter deut­scher Flag­ge zu erfol­gen – es gibt aber eine Rei­he von Aus­nah­men, ent­schei­dend ist die Zulas­sung als Aus­bil­dungs­be­trieb bezie­hungs­wei­se Aus­bil­dungs­stät­te. Aus­flag­gen­de deut­sche Ree­der müs­sen ent­we­der „min­des­tens einen“ Aus­bil­dungs­platz pro Schiff stel­len – aller­dings nur befris­tet – oder einen Ablö­se­be­trag an eine Stif­tung zah­len, die dar­aus wie­der­um Aus­bil­dung bezu­schusst. För­der­be­rech­tigt sind alle „in deut­schen Schiffs­re­gis­tern“ ein­ge­tra­ge­nen Schif­fe und dazu zäh­len laut Gesetz auch alle befris­tet aus­ge­flagg­ten. Da zudem die gesetz­lich fest­ge­leg­te Ablö­sung deut­lich nied­ri­ger liegt als die rea­len Kos­ten eines Aus­bil­dungs­plat­zes, kommt letzt­lich die Ablö­sung für Aus­flag­gung mehr oder weni­ger auch denen zugu­te, die aus­flag­gen und dafür Ablö­sung zahlen…

Ins­ge­samt betrach­tet, sind die für Aus­bil­dung gel­ten­den Regeln nicht geeig­net, der gras­sie­ren­den Aus­flag­gung ent­ge­gen zu wir­ken. Zugleich ver­stär­ken die „Flag­gen­flucht“ und die immer wei­ter auf­ge­weich­ten Beset­zungs­vor­schrif­ten das Nach­wuchs­pro­blem, weil Bor­d­ar­beits­plät­ze für Anschluss­be­schäf­ti­gung oder Qua­li­fi­ka­ti­on feh­len. In der Fol­ge gibt es unter den zuneh­mend weni­ger Absol­ven­ten eine über­durch­schnitt­lich hohe Arbeits­lo­sig­keit. Aktu­ell sind von 2630 Schif­fen deut­scher Ree­der nur 330 unter deut­scher Flag­ge regis­triert – davon 180 auch im ISR (sie­he oben) – und trotz der zusätz­li­chen Steu­er­ge­schen­ke vom Früh­jahr 2016 (Auf­wei­chung der Schiffs­be­set­zungs­ver­ord­nung) sinkt die­ser Anteil wei­ter. Alle übri­gen fah­ren unter so genann­ten Bil­lig­flag­gen wie bei­spiels­wei­se Libe­ria oder Pana­ma zu deren steu­er­li­chen und sozia­len Bedingungen.

Das Nach­wuchs­pro­blem der deut­schen See­schiff­fahrt wird seit mehr als 15 Jah­ren poli­tisch dis­ku­tiert. Das „Mari­ti­me Bünd­nis für Aus­bil­dung und Beschäf­ti­gung“, 2001 gegrün­det, um Aus­flag­gung ein­zu­däm­men und so Beschäf­ti­gung deut­scher See­leu­te zu sichern, blieb trotz mas­si­ver staat­li­cher För­de­rung erfolg­los. Im Som­mer 2016 hat­te daher die Gewerk­schaft ver.di ihre Mit­glied­schaft im Bünd­nis auf­ge­kün­digt. Der VDR hat übri­gens auf Anfra­ge eine Stel­lung­nah­me zum GTS-Austritt abge­lehnt, man wer­de „Beweg­grün­de eines Aus­tritts aus dem VDR nur ver­bands­in­tern und nicht gegen­über Drit­ten kom­men­tie­ren“. Und der Mari­ti­me Koor­di­na­tor der Bun­des­re­gie­rung, Uwe Beck­mey­er (SPD), ver­weist bezüg­lich einer Kom­men­tie­rung auf den VDR

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WATERKANT-Redaktion